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brot

Erinnerungen. Eine spannende Sache. Unsere ganz persönliche Fähigkeit zum Zeitreisen. Es ist einer der seltenen Tage, an denen unser Abendessen aus Brotzeit besteht. Wir sind berufstätig, also wird zu meist am Abend gekocht. Doch heute, wir hatten beide frei, gab es mittags bereits ein wärmendes Festmahl bei der Familie. Auf der Rückfahrt kamen wir an einem neuen Bäcker vorbei. Es ist einer dieser neumodischen Läden, die damit werben, Brottradition (was darunter zu verstehen ist erscheint mir zunächst höchst subjektiv) zu leben, Lifestyle Faktor und instagramability inklusive. Weg vom schneller, billiger, trockener und zurück zur Handwerkskunst. Wir haben bereits von diesem Bäcker gehört und der Frankfurter Handkäs in der Einkaufstasche schreit nach frischem Brot. Also wagten wir das Experiment.  Eben noch saß ich unverfänglich und unbedarft am Tisch, fertig gedeckt mit allem, was zum Abendbrot gehört, und saugte den Duft des frischen Brots, begutachtete die fluffige Konsistenz, di...

schneekugel

Manchmal ist es sehr laut in meinem Kopf. Manchmal fliegen die Gedanken kreuz und quer durcheinander. Wie Schnee in einer Schneekugel, die eben geschüttelt wurde. Dann schießen die Träume und Ängste, Gedanken und Gefühle umher und finden keine Ruhe. Das muss ich noch tun, dies muss ich noch denken und so will ich mich noch fühlen.  Wenn das passiert, versuche ich oft, die Dinge zu greifen, die mir gut tun. Mich nur auf eine Beschäftigung zu fokussieren, auf einen Gedanken oder ein bestimmtes Gefühl zu halten. Und oft funktioniert es, aber meist nur vorübergehend. Dann stelle ich fest, dass es mir wieder entgleitet, dass die anderen Flocken weiterhin völlig unbeherrscht umher schwirren und ich den Fokus verliere.  Also wie bringe ich die Flocken in der Schneekugel dazu, sich wieder zu beruhigen?  Ich atme durch. Lasse los. Lasse alles liegen und akzeptiere es. Ohne zu Suchen. Lasse mich treiben. Ohne Wollen, ohne Sein. Entspanne meine Muskeln, meinen Kiefer, mein Herz. Mei...

glitter

Mein Jahr begann mit einer Reise, so prall gefüllt mit Schlüsselmomenten, dass ich noch heute von ihr zehre. Voller Glitzer, Glamour, ein Wirbelwind der Gefühle und Wahrnehmungen, reizend reizüberflutend. In einer Parallelwelt zu Gast, wurde ich für einen Moment Teil von etwas, das ich vorher nicht hatte einschätzen können. Wie ein Kristall, funkelnd und im Inneren bewegen sich grazile Figuren, tanzen zu rhythmischen Klängen. Die Welt herum ist verstummt und nichtig, das Tempo zu schnell und trotz aller Vorbehalte wurde ich mitgerissen. Es ist dieses Great Gatsby Gefühl, diese Schwerelosigkeit und der Friede in der Ekstase, von außen betrachtet wie Dekadenz und Obszönität schimmernd, doch unter den makellosen Oberflächen liegt die ehrliche Wahrheit. Ich habe mich mitreißen lassen, habe nur den kleinen Zeh rein gesteckt und bin Sekunden später selbst ein Teil des Ganzen geworden, auf- und umgetrieben und doch bewegungslos. Und dort, mitten in dieser Utopie, habe ich sie gefunden: Die Wa...

sucked orange

Kein anderer Ort riecht wie New York. Und keiner fühlt sich so an. Ralph Waldo Emerson sagte dazu treffend: "New York is like a sucked orange". Wenn wir von New York reden, dann meinen wir meistens New York City. Also die Stadt, nicht den Staat. Und noch genauer gesagt Manhattan. Das ist "das New York", dass jeder kennt. Aufregend, glänzend, schillernd. Sex and the City und Lifestyle. Mode, Luxus und Geld. Opulenz, Romantik und unbegrenzte Möglichkeiten. Reichtum und neue Chancen. So habe ich die Stadt nie wahr genommen. Ich erinnere mich kaum an den ersten Besuch, er war überwiegend überwältigend und ich noch viel zu jung, um alles zu verstehen und verarbeiten. Doch schon damals hat es mich unruhig gestimmt, die vollen Straßen, die lange Fahrt vom Flughafen in die Stadt, die Dunkelheit bei gleißender Sommersonne. Der Schatten, der die Straßen bedeckt, weil kein Sonnenstrahl den weiten Weg zum schmutzigen Asphalt schafft.  An die Besuche danach erinnere ich mich bes...

zauberformel

Ich erinnere mich an...  An was erinnere ich mich? Ich erinnere mich an... Die Zauberformel zum Schreiben. Ich schweife durch meine Gedanken, als wären sie Ordner in großen Aktenschränken. Vorschaubilder in der Mediathek des bisher Gelebten. Erlebten. Ich erinnere mich an so Vieles! Immer mehr Bilder ploppen auf und schießen an mir vorbei. An viele erinnere ich  mich nur flüchtig. An einige möchte ich mich gerade nicht erinnern. Andere erwecken in mir das Gefühl, ich hätte mich echt schon zur Genüge an sie erinnert. Bei manchen halte ich kurz inne. Es ist wie die Auswahl eines Films, so viele Möglichkeiten! So viele gute Geschichten. Aber nichts, was mich genau jetzt so richtig mitreißt. Ich erinnere mich an Erinnerungen, bei denen ich unsicher bin, ob die Geschichten real waren oder Träumen entsprangen. So oder so, jetzt sind sie Erinnerungen und fliegen mir durch den Kopf. Beinahe um die Ohren.  Ein Teppich, auf dem ich saß. Ein Sofa, dass es nicht mehr gibt. Eine Hand ...