zauberformel

Ich erinnere mich an... 

An was erinnere ich mich? Ich erinnere mich an... Die Zauberformel zum Schreiben. Ich schweife durch meine Gedanken, als wären sie Ordner in großen Aktenschränken. Vorschaubilder in der Mediathek des bisher Gelebten. Erlebten. Ich erinnere mich an so Vieles!
Immer mehr Bilder ploppen auf und schießen an mir vorbei. An viele erinnere ich  mich nur flüchtig. An einige möchte ich mich gerade nicht erinnern. Andere erwecken in mir das Gefühl, ich hätte mich echt schon zur Genüge an sie erinnert. Bei manchen halte ich kurz inne. Es ist wie die Auswahl eines Films, so viele Möglichkeiten! So viele gute Geschichten. Aber nichts, was mich genau jetzt so richtig mitreißt. Ich erinnere mich an Erinnerungen, bei denen ich unsicher bin, ob die Geschichten real waren oder Träumen entsprangen. So oder so, jetzt sind sie Erinnerungen und fliegen mir durch den Kopf. Beinahe um die Ohren. 
Ein Teppich, auf dem ich saß. Ein Sofa, dass es nicht mehr gibt. Eine Hand die mich hielt. Ein Witz, den mal jemand machte. Ein Moment, in dem ich mich gruselte. Einer, an dem ich festhalten wollte. Entscheidungen, Chancen, Verluste. Der Flügelschlag eines Adlers direkt neben meinem Ohr. Mein Hamster. Nasse Füße. Der Duft von Sonne. Und von Schlitten fahren. Schmetterlinge im Bauch, Angst im Kopf, Kribbeln in den geröteten Wangen. Freundliche Umarmungen und solche, in die man viel zu viel Bedeutung legte. Innere Kälte, ein Schulklo. Hoffnung und Vergessen. So viele Leben.

Ich atme ein und halte die Luft an. In meinem Kopf entsteht ein Konstrukt aus Erinnerungen. Ein Mosaik. Ich atme aus und sehe mich selbst. Wie ich hier liege und das schreibe, die Schrift nun viel hektischer als im ersten Satz. Die Erinnerungen als Grundlage des Jetzt und dessen, wer ich hier und heute bin. Alles, was mich hierher gebracht hat. Und irgendwann, wenn ich schon ganz wer anders bin mit einem anderen Leben, einer anderen Realität und noch mehr Erinnerungen, wird dieser Moment vielleicht eine von ihnen sein.

"I am trying to create a memory", sagte mal jemand zu mir. Aber nicht, was passiert, wenn es klappt und wie sie Jahre später von der anderen Seite des Spiegels aussehen wird.



Anmerkung: Dies ist das unverfälschte, rohe Ergebnis einer Schreibübung aus dem Buch Leben, Schreiben, Atmen von Doris Dörrie

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