ginkgo
Ich soll schreiben. 10 Minuten, mit der Hand. Ohne nachzudenken. Aber über den ersten Satz habe ich nachgedacht, als ich das Buch gesucht habe, in das ich schreiben will. Ich habe einen Timer gestellt - er war schon auf 10 Minuten eingestellt. Ein Zeichen? Ich glaube an Zeichen. Nicht so sehr an Zufälle.
Die Ideen und Sätze fließen schneller als die Hand.
Ein Zeichen habe ich neulich erst bekommen. Und heute. Ich arbeite aktuell an meinem Mindset. Ich will keine Angst mehr haben, zu wenig Geld zu haben. Ich glaube, nein ich habe gelernt, dass Geld eher kommt, wenn man dankbar und unbesorgt ist, um es mal ganz einfach auszudrücken.
Jetzt stehe ich an einer Gedankenkreuzung und soll einen Weg wählen, ohne darüber nachzudenken.
Also die Zeichen. Vor ein paar Tagen lag auf dem dreckigen, feuchten Asphalt der Nachbarschaft ein Ginkgoblatt. Golden. Ich glaube, dass der Asphalt nass war. Vielleicht dichte ich mir das auch nur dazu - aus romantischen Gründen. Jedenfalls lag da dieses Blatt. Einfach so. Was komisch ist, denn es gibt weit und breit keinen Ginkgobaum hier. So weit ich weiß. Und ich sollte es wissen. Immerhin freue ich mich immer, wenn ich einen sehe. Ich weiß gar nicht warum. Vielleicht, weil ich gehört habe, dass es ein sehr alter Baum ist, der Ginkgobaum. Nicht heimisch, aber bedeutungsträchtig.
Mein Vater hat den Ginkgo als Logo für sein Unternehmen. Meine beste Freundin - ich habe sie noch nie so genannt, aber das ist sie! Sie hat jedenfalls ein Ginkgoblatt auf dem Unterarm tätowiert.
So oder so gibt es hier in dem Viertel keine Ginkgobäume. In anderen Vierteln in der Stadt, aber nicht hier. Oh, und im Stadtpark! Dort sind sie besonders hoch.
Ich glaube der schönste Ginkgobaum, den ich mal gesehen hab - oh die 10 Minuten sind um. Habe den Wecker noch mal gestellt, ich bin noch nicht fertig mit den Ginkgos - wer hätte das gedacht? Wow, die Inspiration fließt endlich!
Also den schönsten Ginkgo habe ich gesehen, als ich noch Haustürwerbung für Naturschutzvereine gemacht habe. Ich vermag nicht mehr zu sagen, in welchem Ort, welcher Stadt oder sogar Bundesland das war. Irgendwo in Baden-Württemberg vielleicht?
Jedenfalls war es auch Herbst, wie jetzt. Und der Boden war auch nass - glaube ich. Und da stand dieser Baum und war einfach golden. Er war nicht so hoch aber üppig. Vor einem Haus, ich glaube, drum herum führte der Weg zur Haustür und umschloss das Grünstück mit dem Baum. Die Farbe Rot kommt mir in den Sinn - war der Weg rot?
Jedenfalls, rundherum um diesen Ginkgobaum lagen noch viel, viel mehr Blätter - wie viele Blätter hatte denn dieser Baum, dass er noch so viele trug, obwohl doch eigentlich schon alle den Boden bedeckten? Es war ein goldenes Meer, mitten in einem grauen Tag. An dem Tag, glaube ich - denke ich, verliebte ich mich in den Ginkgo. Und seither freue ich mich über jeden Ginkgo, und irgendwie fühlt es sich immer wie ein Zeichen an, ihn zu sehen. Selbst wenn es nur ein Blatt ist - das da gar nicht hingehört.
Anmerkung: Dies ist das unverfälschte, rohe Ergebnis einer Schreibübung aus dem Buch Leben, Schreiben, Atmen von Doris Dörrie
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