echt
Manchmal macht sie mich traurig, die Erinnerung an die Kindheit. Weil alles anders war, als es ist. Weil als Kind alles einfacher war, wie man so gern sagt. Aber auch, weil ich nicht mehr weiß, ob es echt war. Was davon echt war. War die Liebe echt und all die Worte? Ist diese Erinnerung echt, diese allererste Erinnerung, die ich habe? Wie weit entfernt war meine Wahrnehmung von dem, was es wirklich war? Und war vielleicht damals alles echt und jetzt nicht mehr, denn jetzt sehe ich alles durch den Filter der Logik, der Konventionen und dessen, was ich zu Wissen glaube?
Manchmal fühle ich mich wie in dem Film Hook, als wär ich der altgewordene Peter Pan. Als hätte ich vergessen, dass Fantasie die wahre Realität sein kann. Und als wüsste etwas, tief in mir, dass ich fliegen kann. Als wartete ich noch auf die Erlaubnis, das als möglich zu betrachten. Als wüsste mein Herz noch um all die Abenteuer, die ich erlebt habe, wenn keiner zugesehen hat. Manchmal höre ich Musik, die mich zurückträgt. Nicht, weil ich sie damals gehört hätte, sondern weil ich sie tief im Herzen fühle. Weil ein Gefühl mein Herz ausfüllt, dass ich sonst nicht mehr fühle. Ein Gefühl der Aufregung und Hoffnung, ohne ersichtlichen Grund. Ein Vertrauen. Wenn ich es zulasse trägt mein Herz mich an die wundervollsten Orte, lässt meine Seele weiter reisen als ich es sonst für möglich hielt. Beinahe so weit, wie ich als Kind reisen konnte. Und manchmal schaue ich in den Sternenhimmel, schaue den Mond an, und fühle mich, wie ich mich damals gefühlt habe. Und die ganze Welt kommt mir wieder so groß und unlogisch und wild vor. Und die Fantasien so natürlich, die Träume so real.
Manchmal wache ich auf und frage mich, ob das, was ich als Traum abtue, vielleicht die Realität ist. Und der aktuelle Wach-Zustand? Nur ein Gespinst, eine Idee, ein Verarbeitungsmechanismus dessen, was ich nachts in der parallelen Welt erlebe. In einem anderen Universum, einem anderen Dasein. Manchmal fliege ich gedanklich zu den Sternen – manchmal schaffe ich es, mich von all den Sorgen und Ängsten, all der Logik und den Pflichten abzuwenden und meine Gedanken schwirren zu lassen.
Dann fühle ich mich wie damals, als Kind. Dann frage ich mich nicht mehr, was davon echt war. Dann bin ich nicht mehr traurig, weil ich nicht weiß, ob die Erinnerungen wahr sind. Ob die Liebe echt war. Denn dann ist „echt“ kein Maßstab mehr. Dann ist es, oder es ist nicht. Und die bloße Fantasie reicht aus, damit es echt ist. Was auch immer es ist.
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