prinz


Eigentlich möchte ich nur noch zurück, weg von der Menschenmenge, weg von den viel zu vielen Eindrücken und der Melancholie des Sternenhimmels. Weg von den schlimmen Gefühlen, die sich so unerwartet breit machen durch das, was ich gerade eben erfahren habe. Weg von der Angst, dieses tolle Wochenende könnte in irgendeiner Weise deinetwegen getrübt werden. Weg von den Menschen, denen ich es nicht in die Schuhe schieben möchte. Doch dann gehen wir einen Umweg. Einfach weil es die richtige Entscheidung ist. Einfach, weil sich an diesem Wochenende alles fügt, alles so passiert, wie es passieren muss. Und ehe ich mich versehe, stehe ich wie gebannt inmitten der Menschenmenge. Ich weiß nicht, was dort auf der Bühne passiert, bin völlig sprachlos von der Energie, die mich mit einem mal umgibt. Doch was mir am meisten die Sprache verschlägt und mich unfähig macht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen, ist diese plötzliche Ruhe in mir. Das ganze Wochenende habe ich versucht, all die Trauer und Wut raus zu tanzen. Doch nun steh ich da, ganz still, von unten bis oben entspannt, und spüre wie der kleine schwarze Prinz all meinen Schmerz raus brüllt. Wie er die Energien einfach aufnimmt und zu seinen macht. Wie ich mich nicht bewegen kann weil so viel Energie durch mich fließt, dass es mich wohl zerreißen würde. Wie mein ganzer Körper durchströmt wird mit Wärme und Faszination. Wie sich auf einen Schlag alles in mir lockert und die Zeit stehen bleibt. Und dann schreie ich. Laut, so laut ich kann. Ich schreie alles raus. Weil es geht, weil es gerade nur noch die Musik und mich gibt und ich vertraue. Weil die lauten Schreie des kleinen schwarzen Prinzen, die tiefen Bässe der Schlagzeugerin, der hastige Gesang der Geige meinen Schrei auf nehmen und zu dem ihren machen. Ich spüre, wie all die Wut hoch kommt, überquillt und mich beinahe übermannt... Und dann, gerade als ich denke sie lässt mich nie mehr los, ganz einfach von mir abfällt. Und als all die Wut, all der versteckte Zorn weg ist, wird es ruhig, die dünnen Lichtstreifen bewegen sich langsam durchs Publikum, bleiben stehen, halten inne, und alles bewegt sich in Zeitlupe, verlangsamt sich.... Die Zeit steht, es ist als kämen die Sterne vom Himmel. Ich bin allein, aber nicht einsam. Allein mit dem kleinen schwarzen Prinzen.Und mit Tränen in den Augen ist es nun die Traurigkeit, die zur Melodie wird, die er sich zu eigen macht. Als würde er sich an ihr zehren. All die Verzweiflung strömt durch diese tiefe Stimme, die nicht meine ist, und doch so ehrlich meine Gefühle raus singt. So ehrlich und laut, dass ich schon beinahe meine, die Menschen um mich rum müssten es auch spüren. Ich habe Gänsehaut. Mein Blick weicht nicht mehr von diesem Menschen, der mir mit so viel Anmut und Stärke meine Schmerzen nimmt und sie einfach mit seinen Gitarrensaiten zerreißt, sie mit seiner Stimme zerschmettert und sie dann im Universum verteilt. 


Gerade als ich keine Ahnung hatte, was mir helfen kann, fügt sich alles. Und, dass dieser Mensch mir den Schmerz nimmt, zumindest eine Weile, wer hätte das ahnen können? Und so hat sich tief in mir ein Schalter umgelegt und zum ersten Mal seit so vielen Jahren bin ich frei. Frei von dir.

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