ohne titel

Die Vergangenheit verschwimmt, wenn du dich lange genug selbst belügst. Bis sie dich dann plötzlich einholt und dir den Boden aus Lügen wegreißt.

Der Asphalt verschwindet unter mir, die Geschwindigkeit beruhigt. Bald ein Jahr ist es her seit ich dir das letzte mal in die Augen geblickt habe. Während die Landschaft an mir vorbei zieht versuche ich die Erinnerungen an unsere letzten Momente stumm zu halten. Ich blinzle, sehe dein Gesicht. Mein Fuß senkt sich noch etwas weiter auf das Gaspedal.
Während des letzten Jahres lagst du wie ein Schatten über meinem Leben. Kaum zu glauben, dass ich dich in ein paar Minuten wieder sehen soll. Der Versuch, mich darauf vorzubereiten, war ebenso verzweifelt wie nutzlos.

Ich blicke nach rechts. Und dann sehe ich dich so klar wie in meinen zahllosen Träumen. Du sitzt hinterm Steuer und lachst. Für einen Augenblick bleibt meine Welt stehen. Mein ganzer Körper zittert. Flashback. 
Mein Kopf auf deiner Schulter, du streichst mir sanft durchs Haar.  
Mit einem mal überkommt mich ein eisiger Schauer, mir ist kalt, meine Beine geben nach. 
Dein Arm um mich, ich höre deinen Herzschlag, spüre deinen Atem. Fühle die Magie zwischen uns.
Meine Hände krallen sich unkontrolliert ins Lenkrad. Schweißausbruch. Alles dreht sich und ich fühle nichts als Angst.
Du nimmst mich zum Abschied in den Arm. Dein Duft, deine Wärme betäuben mich. Du sagst, wir sehen uns wieder.
Mein Herzschlag ist rasant, automatisch drückt sich mein Fuß mit ganzer Kraft aufs Gaspedal.

Es ist ein Wunder, dass ich die Kontrolle nicht verliere. Meine Beine zittern, alles verschwimmt. Gerade noch schaffe ich es, den Wagen an dir vorbei zu steuern. 
Langsam kommt mein Atem zurück, mein ganzer Körper ist verkrampft. Die Bilder von dir überschlagen sich in meinem Kopf. 
Ich sehe deine tiefen Augen vor mir, höre deine Worte hallen. Die Erinnerungen, die so lange verstummt waren, brechen über mich herein.

Du hast mich nicht gesehen.

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